Das Bauhaus-Jubiläum 2019 war Anlass für vielfältige Forschungen, Ausstellungen und Publikationen. Die Bauten von Mies van der Rohe in Krefeld und seine Verbindungen zur örtlichen Seidenindustrie – ein Schwerpunkt des Vereins Projekt MIK – Mies in Krefeld e.V. – sollten zum Jubiläumsjahr in weitergehende Forschungen eingebettet werden. Im Fokus des Forschungs- und Ausstellungsprojekts Bauhaus und Seidenindustrie stand das kulturell-industrielle Netzwerk aus Vertretern der künstlerischen Avantgarde, Protagonisten der Seiden¬industrie und verschiedenen Institutionen seit den 1920er- Jahren bis in die Nachkriegszeit.
Innerhalb dieses Forschungsprojekts erarbeitete Dr. Stephan Strauß einen umfangreichen Beitrag zum Wirtschaftsbürgerlichen Wohnen in Krefeld 1900-1940, der der örtlichen Vielfalt der Moderne nachgeht. Der Forschungsbeitrag zum wirtschaftsbürgerlichen Wohnen setzt bei den Mies-Bauten für die Hermann Lange und Josef Esters an, den beiden Mitgründern der Krefelder Verseidag. Dieser erfolgreiche Zusammenschluss örtlicher Seidenproduzenten ermöglichte auch anderen Verseidag-Eigentümerfamilien wie Oetker und Engländer repräsentative Neubauten, die gestalterisch allerdings andere Wege verfolgten. Zusammen bilden sie bereits die gestalterische Breite der Moderne ab – über die prominenten Mies-Bauten hinaus.
Ergänzt werden die Wohnbauten der Verseidag-Inhaberfamilien um weitere prägnante wirtschaftsbürgerliche Wohnsitze, für die in Krefeld sowohl überregional bekannte Baumeister, etwa Wilhelm Kreis und Hans Poelzig, als auch qualitätvolle örtliche Architekten wie Girmes & Oediger verantwortlich zeichneten. Zu den vorgestellten Häusern gehören weitere prägnante Bauten der Moderne von heute weniger bekannten Architekten, etwa Haus Heusgen von Willi Kaiser und Haus Feubel von Ernst Schäfer und Josef Stumm. Gerade wirtschaftsbürgerliche Bauherren nahmen starken Einfluss darauf, welche bauliche Repräsentation als angemessen erachtet wurde. Entsprechend werden diese in Verbindung mit ihren Bauten vorgestellt, soweit dies die Quellenlage ermöglicht.